Schockphase
Direkt nach dem Erlebnis befinden sich traumatisierte Personen in einem Schockzustand. Dieser ist notwendig um das Überleben zu sichern und das Gefühl von Sicherheit zurück zu bekommen. Denn mit dem Erlebten ist die eigene Erlebnis- und Gefühlswelt komplett ins Wanken gekommen. In dieser direkten Phase nach dem Trauma kann es sein, dass die Betroffenen nur den Ort des Erlebnisses verlassen möchten, sofern sie dazu eigenständig in der Lage sind, die Nähe von Angehörigen brauchen oder sich zurück ziehen.
Verarbeitungsphase
Aus der Schockphase geht es über in die Verarbeitungsphase, die Trauma-Verarbeitung. Betroffene beschäftigen sich mit den Einzelheiten des erlebten Traumas. Die Gefühle, Bilder und Gedanken zu diesem Ereignis können die Ursache für starke Stimmungsschwankungen sein. Auch das gehört zur Trauma-Verarbeitung und ist absolut normal. In dieser Phase werden die Selbstheilungskräfte aktiviert. Das Trauma wird dadurch zu einem Erlebnis im Leben, das in die Lebensgeschichte integriert wird, ohne im Nachhinein in irgendeiner Weise eine Belastung darzustellen.
Das ist der natürliche Verlaufsprozess der Verarbeitung eines Traumas. Doch jeder Mensch ist anders und so verarbeitet auch jeder Mensch Erlebnisse individuell. Für den Busfahrer ist der erlebte Verkehrsunfall während seiner Dienstzeit zwar belastend, aber nach der Verarbeitung ohne Hilfe kann er wieder, wie vor dem Ereignis, seinem Beruf nachgehen. Der Fahrer des Pkw, der in den Unfall verwickelt war, kann aufgrund seiner Angst kein Auto mehr fahren. Er verlässt aus Angst seine Wohnung nicht, und wenn er etwas erledigen muss, dann nur noch als Fußgänger mit ständiger Angst vor dem Straßenverkehr. Während einer von den Fahrgästen aus dem Bus, der zunächst Probleme hatte wieder in einen Bus einzusteigen, nach wenigen Beratungssitzungen wieder die öffentlichen Verkehrsmittel nutzt.
Alle drei beschriebenen Personen haben den gleichen Unfall erlebt und dennoch leiden sie nicht auf die gleiche Art und Weise. Die Selbstheilungskräfte waren für den Busfahrer ausreichend, der Fahrgast konnte mithilfe der Beratung seine Selbstheilungskräfte reaktivieren aber der Fahrer des Pkw benötigt Hilfe, beziehungsweise Unterstützung in Form einer Psychotherapie, um das Erlebte zu verarbeiten und in seiner Lebensgeschichte als einen Teil von vielen, der nicht mehr belastet, zu integrieren.
Nichts ist mehr wie es war
Durch das erlebte Trauma hat die betroffene Person ihre eigene Belastbarkeitsgrenze kennengelernt. Das Gefühl, das eigene Leben weitgehend unter Kontrolle zu haben wurde durch das Erlebte erschüttert und das bisher intakte Weltverständnis ist nicht mehr vorhanden. Vielmehr empfinden traumatisierte Menschen die Welt fortan als ungerecht und nicht mehr kalkulierbar. Um wieder Vertrauen in die Umwelt und das Leben als solches zu bekommen, muss die Verarbeitung des Erlebten in Gang gesetzt werden und die Selbstheilung stattfinden. Bis zum Abschluss dieses Prozesses werden Traumatisierte von ihrer Umwelt oftmals als unstet, reizbar oder auch leicht verletzbar wahrgenommen. Ihr Verhalten ist nicht erklär- beziehungsweise nachvollziehbar bis hin zu fremd. Ein traumatisierter Mensch handelt allerdings nicht in Absicht so. Die unerklärbaren Verhaltensweisen, die auch dem Betroffenen selber oftmals auffallen, sind der Schutz der Psyche vor einer weiteren Traumatisierung.
Verständnis ist von allen Beteiligten im nahen und weiteren Umfeld gefordert, um der traumatisierten Person die Möglichkeit zu geben, die vorhandenen Gefühle und Gedanken zu akzeptieren, eine Heilung zuzulassen und letztlich, um wieder in das nicht traumabelastete Leben zurückzufinden.
Die Verarbeitung eines Traumas benötigt Zeit
Zur Verarbeitung des Traumas benötigt der Betroffene, aber auch sein Umfeld, Zeit. Man spricht im Zusammenhang von einmaligen traumatischen Erfahrungen davon, dass ca. die ersten vierzehn Tage nach dem Vorfall als Schockphase erlebt werden. In dieser Zeit schaltet der Körper von seinem Überlebensmodus wieder in den Lebensmodus um. Die Inanspruchnahme von Kriseninterventionsstellen kann dann eine sinnvolle Möglichkeit sein, um mit dem Erlebten zunächst umzugehen.
Die Schwere und Art des Traumas sind insgesamt für den zeitlichen Verlauf der Verarbeitung entscheidend. Auch sind sogenannte Risikofaktoren, die die Verarbeitung eines Traumata erschweren, wie beispielsweise frühere (noch nicht verarbeitete) Traumatisierungen, anhaltende Traumatisierungen, wie auch der Verlust von nahen Angehörigen oder eigenen Kindern, Faktoren, die den zeitlichen Verlauf der Verarbeitung negativ beeinflussen können.
Findet der Betroffene in seinen gewohnten Lebensalltag nach und nach zurück, benötigt er wahrscheinlich keine Hilfe. Zeigen sich in den ersten Monaten Reaktionen wie beispielsweise Depressionen, Intrusionen, Flashbacks sowie Schlafstörungen oder nehmen diese immer mehr zu, ist die professionelle Hilfe durch eine Psychotherapie ratsam. Auch plötzlich auftretende physische Beschwerden können durch ein Trauma hervorgerufen werden. Diese sollten zunächst durch einen Arzt abgeklärt werden. Sind die Beschwerden psychosomatisch bedingt, wird der Arzt eine Psychotherapie empfehlen.
Hier erläutere ich Ihnen die Auswirkungen eines Traumata auf Körper und Psyche.